Jugendliche als Innovation Champions: Verwaltung trifft Zukunft

Jugendliche Teilnehmer:innen des Innovation Champions Projektes präsentieren Ergebnisse ihrer Arbeit.

Das Projekt Innovation Champions hat zum zweiten Mal stattgefunden. So haben in den letzten acht Monaten im Kanton Aargau 7 Jugendliche 3 verschiedene Verwaltungseinheiten beraten, um ihre öffentlichen Angebote zeitgemässer und jugendfreundlicher zu gestalten. Wir haben mit den Teilnehmer:innen Nicolas und Martina gesprochen und sie gefragt, wie sie das Projekt erlebt und was sie gelernt haben.

«Ich habe mehr Konfrontation erwartet», sagt Nicolas Sartori von Bibliothek und Archiv Aargau und lacht. «Ich dachte, das wären zwei Welten, die aufeinanderprallen, weil wir mit der Aargauer Kantonsbibliothek eine Studienbibliothek führen und grösstenteils ein eher älteres Publikum ansprechen als die Jugendlichen aus dem Projekt.» Vis-à-vis von Nicolas Sartori sitzt Martina Saligari. Sie ist eine der Jugendlichen, die von Oktober 2022 bis Juni 2023 an einem Pilotprojekt im Kanton Aargau teilgenommen hat. Sie ergänzt: «Ja, die einzige Meinungsverschiedenheit hatten wir, als wir Jugendlichen den Social-Media-Kanal des Kantons nutzen wollten, um die Angebote der Bibliothek bekannter zu machen.»

Innovation Champions ist ein Partizipationsprojekt, das öffentliche Verwaltungen und Jugendliche zusammenbringt: Über einen Zeitraum von acht Monaten beraten Jugendliche Verwaltungen im Kanton Aargau, um öffentliche Angebote zeitgemässer und nutzerfreundlicher zu gestalten. Der Austausch findet bereits zum zweiten Mal statt (hier unser Blog-Beitrag der ersten Durchführung). In dieser zweiten Durchführung wirkten sieben Jugendliche in drei Aargauer Verwaltungseinheiten mit. Sie engagierten sich bei der Aargauer Kantonsbibliothek, beim kantonalen Departement für Bildung, Kultur und Sport und bei Smart City Aarau. Martina arbeitete gemeinsam mit zwei anderen Jugendlichen in der Gruppe der Kantonsbibliothek mit Nicolas.

Die Zusammenarbeit von Nicolas, Martina und den weiteren teilnehmenden Jugendlichen hat Früchte getragen: Die Jugendlichen haben für die Kantonsbibliothek einen Buchclub gegründet. Ziel des Buchclubs ist es, mehr Jugendliche für die Bibliothek zu begeistern. Eine weitere Gruppe von Jugendlichen hat das Departement für Bildung, Kultur und Sport beraten. Gemeinsam haben die Jugendlichen einen Bericht mit vier Handlungsempfehlungen zur Bildung in einer digitalisierten Welt verfasst. Zudem haben alle teilnehmenden Jugendlichen die Stadt Aarau bei der Durchführung von aktuellen Partizipationsprojekten beraten, welche im Rahmen von Smart City Aarau durchgeführt wurden. Die Jugendlichen unterstützten die Projektverantwortlichen insbesondere bei der Kommunikationsarbeit.

Bibliothek und Archiv Aargau nahm an Innovation Champions teil, um Inputs von zukünftigen Kund:innen für die Weiterentwicklung der Kantonsbibliothek zu erhalten

Warum sich die Institution für eine solche Zusammenarbeit entschied, erläutert Nicolas wie folgt: «Die Bibliothek bietet nicht explizit etwas für Jugendliche. Doch sie sind unsere Kund:innen von morgen. Deshalb haben wir uns Inputs für die Weiterentwicklung der Bibliothek erhofft.» Martina hingegen hat durch ihre Schule vom Projekt erfahren und war neugierig, mit der öffentlichen Verwaltung in Kontakt zu treten: «Ich finde es schön, wenn man dort, wo man lebt, einen Impact erzeugen kann.» Ausserdem schätzt sie, dass sie als Jugendliche durch die Zusammenarbeit mit der Bibliothek ihre Stimme einbringen konnte.

Der Austausch bringt vielseitige Erkenntnisse und Überraschungen für Jugendliche und Verwaltungen

Die Zusammenarbeit schildern beide Seiten als angenehm. Martina führt aus: «Für mich war es interessant, mit Jugendlichen zusammenzuarbeiten, die ich nicht kannte. Ich war am Anfang ein bisschen nervös, weil ich ein zurückhaltender Mensch bin. Aber es hat mich positiv überrascht, wie angenehm es war, mit Personen zusammenzuarbeiten, die ich nicht kenne.» Sie fühlte sich in der Gruppe sehr wohl, auch weil sie mit den Jugendlichen aus ihrer Gruppe auf einer Wellenlänge war. Diese Erfahrung, dass aus Fremden gute Projektpartner:innen werden, nimmt Martina als etwas sehr Positives mit.

Ausserdem kam Martina durch Innovation Champions zum ersten Mal mit der Arbeitswelt in Berührung. Dort galt es auch, Herausforderungen zu überwinden: «Als wir auf Social Media Werbung machen und die Bekanntheit der Bibliothek fördern wollten, hat es mich überrascht, dass der Kanton dort klare Richtlinien hat.» Für Martina war es eine positive und lehrreiche Erfahrung, ein Projekt im ausserschulischen Rahmen durchzuführen. Das hat ihr Einblicke in die Zusammenarbeit von Teams ermöglicht und sie konnte einen konkreten Beitrag für die Gesellschaft leisten. Aus diesen Gründen empfiehlt sie das Projekt auch anderen Jugendlichen sehr.

Nicolas schätzt vielfältige Charaktere der teilnehmenden Jugendlichen

Nicolas hatte vor Beginn eine homogene Gruppe Jugendlicher erwartet. Schnell merkte er jedoch, dass alle drei Teilnehmenden unterschiedliche Charaktere und Persönlichkeiten mitbrachten. Auch als Verwaltung falle man manchmal in ein Schema-Denken: «Wir denken, wir werden wahrscheinlich eher attraktiv für Jugendliche sein, die Matura machen und studieren. Aber das stimmt einfach nicht. Jemand aus der Gruppe hatte beispielsweise einen ganz anderen Berufsweg und war genauso interessiert an der Arbeit und der Weiterentwicklung unserer Bibliothek. Das hat mir als Erfahrung sehr gut gefallen.» Was er ebenfalls schätzt, sind die konstruktiven Beiträge, die die Jugendlichen einbrachten. Dass die Jugendlichen nicht das Gegenteil forderten von dem, was die Bibliothek mache, sieht er als Bestätigung der eigenen Arbeit: «Ich war froh zu hören, dass wir als Bibliothek wertvolle Dienste leisten.»

Martina und Nicolas raten anderen Verwaltungen, ein offenes Ohr für die Wünsche und Ideen der Bürger:innen zu haben

Was raten die beiden nach ihren Erfahrungen mit Innovation Champions anderen Verwaltungseinheiten? «Wir sind mit einer sehr grossen Fragestellung gestartet», reflektiert Nicolas. «Das hat uns zwar die Gelegenheit gegeben, viele Inputs von den Jugendlichen zu erhalten, aber wir sind dadurch auch nicht sehr in die Tiefe gegangen. Es wäre sicher vorteilhafter gewesen, wenn wir von Anfang an eine konkretere Fragestellung respektive ein Projekt gehabt hätten.» Insgesamt sei es aus seiner Sicht wichtig, dass man ein offenes Ohr für die Bedürfnisse und Wünsche der Bürger:innen habe. Denn «öffentliche Aufgaben sollten keine Selbstläufer, sondern Dienstleistungen sein.», findet Nicolas.

Martina stimmt Nicolas zu. Sie findet es wichtig, dass die Verwaltung eine klare Zielvorstellung des Projektes hat, damit die Jugendlichen so zielführend wie möglich beraten können. Zentral ist für sie aber, dass eine Verwaltung offen für neue Ideen ist. Obwohl es letztlich keine Möglichkeit gab, den bestehenden Instagram-Kanal zu nutzen, schätzte sie, dass das Team der Bibliothek offen für ihre Inputs war.

Perspektiven erweitert: Jugendliche schätzen gute Arbeit in der Kantonsbibliothek und Nicolas betont, wie wichtig es ist, im Dialog zu bleiben

Aus der Zusammenarbeit nehmen beide Seiten viel mit. Für Nicolas haben die Jugendlichen die interne These bestätigt, dass seine Kolleg:innen und er in der Kantonsbibliothek gute Arbeit machen, diese Arbeit aber bekannter werden muss. Allerdings: «Wir müssen uns auch die Mühe machen, im Dialog zu bleiben», resümiert er. «Ich hoffe, dass wir in Zukunft weitere Gelegenheiten erhalten, am Puls zu bleiben, was eine Bibliothek leisten soll.» Martina hat durch die Zusammenarbeit ein neues Bild der Verwaltung erhalten. Sie nutzt die Bibliothek selbst, um dort zu lernen und möchte das auch in Zukunft tun. Darüber hinaus möchte sie die Bibliothek und ihr interessantes Angebot auch anderen Jugendlichen zeigen.

 

Arbeitest du in einer Verwaltung und bist daran interessiert, Jugendliche in deine Arbeit mit einzubeziehen? Oder bist du zwischen 15 - 19 Jahre alt und hast Lust, öffentliche Angebote aktiv mitzugestalten? Dann komm auf uns zu und schreibe an hello@staatslabor.ch.