Immer mehr Verwaltungen bieten ihre Dienstleistungen auch digital an, manchmal auch über Apps. Ein App-Store für die digitale Verwaltung könnte helfen, noch mehr Bürger*innen auf diese Angebote aufmerksam zu machen sowie Innovation zu fördern.
Von Gastautor Nicolas Zahn
Blickt man heute auf die frühen Nullerjahre und die Einführung des iPhone zurück, merkt man, dass neben der Verbreitung schneller Datennetze vor allem etwas dem Smartphone zum Durchbruch verhalf: ein florierendes Ökosystem für Anwendungen, die Apps. Auch andere Smartphone mit Betriebssystemen wie SymbianOS oder die Blackberries hatten technisch gesehen ähnliche Fähigkeiten. Alle erlaubten ihren Nutzer*innen von unterwegs auf das Internet zuzugreifen und Mails zu lesen oder zu schreiben, Photos zu machen und zu versenden.
Aber erst mit iOS auf dem iPhone und später Android wurden durch die jeweiligen App Stores Ökosysteme geschaffen, die es nicht nur etablierten Firmen, sondern auch Start-ups und Einzelpersonen erlaubten, ihre Dienstleistungen direkt an die Nutzer*innen zu bringen und auch entsprechendes Feedback zu erhalten.
Die Hersteller der entsprechenden Betriebssysteme nehmen dabei auch die sehr lukrative und nicht ganz unbestrittene Rolle des market makers ein und bestimmen die Regeln, sorgen aber gegenüber den Nutzer*innen für eine bestimmte Qualität der Anwendungen, z.B. durch Einhaltung gewisser Sicherheitsstandards.
Nun da selbst in der Schweiz immer mehr Behörden ihre Dienstleistungen digital anbieten, warum haben wir keinen App Store für die digitale Verwaltung? Zugegeben, viele digitale Anwendungen der Verwaltung üben wir vielleicht lieber am Computer aus, denn auf dem Smartphone. Aber über welches Endgerät eine Dienstleistung in Anspruch genommen wird ist eigentlich zweitrangig und sollte uns nicht von den Vorteilen des App-Stores abhalten. Ein «GovTech-App Store» könnte sich gleich mehrfach als nützlich erweisen.
Erstens wäre dies Visibilität. Selbst wenn – ganz dem Portalgedanken folgend – gewisse digitale Dienstleistungen teilweise gebündelt werden, z.B. mit ch.ch, so gibt es heute noch keinen zentralen Ort an dem ich als Bürger*in alle digitalen Dienstleistungen von Behörden auf Gemeinde, Kantons- und Bundesebene anschauen kann. Stattdessen müssen diese selbst zusammengesucht werden. Und das ist eine unnötige Hürde für die Nutzung der digitalen Behördendienstleistung. Gemäss dem aktuellen eGovernment Monitor der Initiative D21 verzweifeln viele Bürger insb. in Deutschland aber auch in der Schweiz und Österreich an der mangelnden Visibilität und einfachen Verfügbarkeit der Anwendungen der Behörden. Eine höhere Visibilität und somit auch leichtere Verfügbarkeit digitaler Dienstleistungen sind aber nicht nur im Interesse der Bürger*innen sondern auch der Verwaltung, man möchte ja schliesslich, dass die Dienste auch genutzt werden und somit leicht zugänglich sind. Eine Übersicht hilft auch, Verdoppelungen frühzeitig zu erkennen.
Ein zweiter Vorteil wäre ein direkter Feedback-Kanal. Ähnlich wie heutzutage Apps bewertet werden können und z.B. neue Features durch die Nutzenden angefragt werden können, so könnte dies beim «GovTech-App Store» für digitale Dienstleistungen der Behörden geschehen, und zwar auf systematische Weise. Unabhängig davon, ob es sich um Eigenentwicklungen oder Auftragsarbeit handelt, sobald ein digitaler Service mal online ist, gibt es selten die Möglichkeit als Nutzer*in direkt Feedback zu geben und mitzuhelfen, den Dienst zu verbessern. Da solche Bewertungen im App Store öffentlich und transparent geschehen, können die Rückmeldungen auch helfen, eine stete Verbesserung der Servicequalität anzustossen, was uns zum nächsten Vorteil bringt. Ein «GovTech-App Store» sorgt nicht für sich alleine für bessere Services oder kundenzentrierteres Design aber kann wertvolle Infos und Verbesserungsvorschläge sammeln und somit einen indirekten Beitrag zur Verbesserung der Services bieten.
Ein dritter Vorteil wäre die Innovationsförderung. Nicht nur über den Wettbewerbsgedanken der Bewertung, sondern auch dadurch, dass dank der Übersicht welche Apps es schon gibt und wie diese bewertet sind auch klarer wird, welche Angebote es noch nicht gibt. Ein App Store bildet auch ein Ökosystem und fordert entsprechend gewisse Standards und Infrastruktur. Unter diesen Voraussetzungen wäre es auch Start-ups und Einzelpersonen möglich, innovative Lösungen für digitale Behördengänge vorzuschlagen, welche dann – falls sie die Bedingungen erfüllen – ebenfalls in den «GovTech-App Store» aufgenommen werden könnten. So würde die Verwaltung, die sich auf das Ökosystem des App Stores und die Grundinfrastruktur wie elektronische Identität und Datenaustausch kümmert, auch entlastet und gleichzeitig ein Feld für innovative Ideen geöffnet.
Ein «GovTech-App Store» mag auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich scheinen, doch er könnte ein logischer nächster Schritt sein, um die digitale Transformation der Schweizer Behörden positiv zu beeinflussen. Verwaltungsintern gibt es entsprechende Modelle bereits, weshalb nicht einen Marktplatz für die Bevölkerung eröffnen?