Im Kanton Aargau haben in den letzten 9 Monaten 11 Jugendliche mit 3 Verwaltungseinheiten zusammengearbeitet, um öffentliche Dienstleistungen nutzer- und jugendfreundlicher zu gestalten. In einem intensiven Prozess, begleitet von euforia und dem staatslabor, lernten die Jugendlichen, wie sie die öffentliche Verwaltung dabei unterstützen können, ihre Angebote und Prozesse zeitgemäss und wirksam auszugestalten. Die Zusammenarbeit fruchtete in zahlreichen spannenden, anschlussfähigen Ideen und Unterlagen. Darüber hinaus konnten die Jugendlichen und die Verwaltungsmitarbeitenden viele positive Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem gemeinsamen Projekt mitnehmen.
Greta Thunberg und die Fridays for Future-Bewegung haben es bereits gezeigt: Jugendliche haben etwas zu sagen und wollen die Gesellschaft aktiv mitprägen. Dabei gibt es verschiedene Arten, wie Jugendliche bei der Gestaltung der Gesellschaft mitwirken können. Oft sind Projekte darauf ausgelegt, Jugendliche in politischen Prozessen zu konsultieren oder sie einzubinden, beispielsweise durch Jugendparlamente. Es ist allerdings noch kaum der Fall, dass Jugendliche in der Schweiz die eigentliche Umsetzung von staatlichen Angeboten und Programmen direkt mitprägen können. Das Projekt Innovation Champions möchte diese Lücke schliessen.
Pascal (19): „Mit meiner Teilnahme am Projekt möchte ich bewirken, dass Jugendliche in der Verwaltung mehr gehört werden und vermehrt ein Austausch stattfindet.“
Das Projekt dauert vorerst zwei Jahre und wird finanziell durch den Lotteriefonds Aargau und vom Bund im Rahmen des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes (KJFG) unterstützt. Der erste gemeinsame Austausch zwischen Jugendlichen und Verwaltungen fand im Sommer 2021 statt. In einem ersten Schritt wurden interessierte Jugendliche und Verwaltungseinheiten aus dem Aargau für die erste Durchführung des Pilotprogramms rekrutiert. Anschliessend legten die ausgewählten Jugendlichen und Verwaltungsmitarbeitenden fest, wie die Jugendlichen die Verwaltungen über die folgenden Monate unterstützen werden. Danach setzten sich die Jugendlichen an zwei Trainingswochenenden vertieft mit den Herausforderungen der Verwaltungen auseinander und erarbeiteten erste Lösungsansätze. In den darauffolgenden Monaten entwickelten sie diese Ansätze stetig weiter und verprobten sie regelmässig mit den Verwaltungseinheiten. An der Abschlusspräsentation Ende Mai 2022 präsentierten die Jugendlichen ihre Ergebnisse aus der gemeinsamen Arbeit.
Aline (17): „Mein Highlight war, dass wir unserer Ideen der Verwaltung präsentieren konnten und unsere Ideen durchsetzen konnten.“
Die Jugendlichen unterstützten drei ausgewählte Aargauer Verwaltungseinheiten: die Stadtkanzlei Aarau, die Kommunikationskonferenz des Kantons Aargau und die Kantonspolizei Aargau. Die Stadtkanzlei Aarau ging mit den Jugendlichen der Frage nach, wie die Teilhabe der Bevölkerung bei partizipativen Projekten in Aarau gesteigert werden kann. Dafür analysierten die Jugendlichen die Aktivitäten der Stadt Aarau auf den Sozialen Medien und erarbeiteten detaillierte Anpassungsvorschläge für den Instagram-Auftritt der Stadt. Darüber hinaus entwickelten die Jungen ein Konzept für ein neues Partizipationsgefäss für Jugendliche in Aarau. Dabei handelt es sich um ein Online-Forum, über welches die Jugendlichen mit der Verwaltung chatten und Projektideen einreichen können. Des Weiteren analysierten die Jugendlichen die bestehenden Beteiligungsmöglichkeiten und entwarfen verschiedene Anpassungsvorschläge. Dabei entstand unter anderem die Idee, «Jugendsitze» in ausgewählten Kommissionen der Stadtverwaltung einzusetzen.
Sonja Baumann (Stadtkanzlei Aarau): “Ich war überrascht, was für ein Detaillierungsgrad die Ausarbeitung der Jugendlichen hatte.”
Als zweite Verwaltungseinheit setzte sich die Kommunikationskonferenz des Kantons Aargau mit den Jugendlichen damit auseinander, wie die Kommunikation der Verwaltung - insbesondere gegenüber Jugendlichen - verbessert werden kann. Zu diesem Zweck führten die Jugendlichen eine Online-Umfrage durch, an welcher 364 junge Erwachsene im Alter von 16 bis 23 Jahren teilnahmen. Die Umfrage lieferte interessante Ergebnisse. So gaben die teilnehmenden Jugendlichen beispielsweise an, dass sie sich von der Verwaltung Informationen zu Steuerfragen und anderen finanziellen Themen sowie zu Events und Freizeitangeboten wünschen. Ausserdem zeigte die Umfrage, dass die Jugendlichen nach wie vor Webseiten als Informationskanal der Verwaltung bevorzugen. Von den Sozialen Medien wurde Instagram als hilfreichster Kanal empfunden. Neben der Umfrage führten die Jugendlichen mehrere Interviews durch. Darauf basierend entwickelten sie weitere konkrete Handlungsempfehlungen für die Verwaltung.
Als dritte Verwaltungseinheit setzten sich die Kantonspolizei Aargau und die Jugendlichen mit der Präventionsarbeit der Polizei auseinander. Der Kantonspolizei ist es ein Anliegen, die Sprache der Jugendlichen zu sprechen, um sie für vielseitige Gefahren und Themen sensibilisieren zu können. Die Innovation Champions unterstützten die Kantonspolizei Aargau dabei in mehrerlei Hinsicht. Einerseits besuchten sie einen Präventionsvortrag an einer Schule im Aargau und gaben den Polizist:innen anschliessend detailliertes Feedback. Zudem durften die Jugendlichen einen neuen Vortrag zu sexualisierter Gewalt im öffentlichen Raum entwerfen. Geplant ist, dass dieser ab Herbst 2022 an Aargauer Schulen eingesetzt wird. Für die Erarbeitung des Vortrags führten die Jugendlichen eine Umfrage bei Gleichaltrigen durch, an welcher rund 150 Personen teilnahmen. Die Umfrage lieferte spannende Einblicke darüber, welche Informationen und Unterstützung sich Jugendliche zu sexualisierter Gewalt im öffentlichen Raum wünschen und welche Erfahrungen sie bereits mit dem Thema gemacht haben. Darüber hinaus führten die Innovation Champions Interviews mit Polizist:innen, um mehr über die Prävalenz, die Täter:innen, die Folgen und die Präventionsarbeit der Polizei zu erfahren. Auf Basis der Umfrageergebnisse konnten die Jugendlichen zudem konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der Auftritte der Kantonspolizei auf den Sozialen Medien ausarbeiten. Zu den Ideen zählten unter anderem, mehr über aktuelle Geschehnisse im Aargau zu berichten, Einblicke in das Leben von Polizist:innen zu ermöglichen, mehr Tipps und Tricks für den Alltag zu publizieren und die Beiträge interaktiver zu gestalten.
Aline Rey (Kantonspolizei Aargau): “Vor allem bei den Kommunikationsmassnahmen können wir vieles eins zu eins übernehmen.”
Die erste Durchführung von Innovation Champions hat aufgezeigt, was entstehen kann, wenn man begeisterungsfähige und handlungswillige Jugendliche mit öffentlichen Verwaltungen zusammen an einen Tisch bringt. Durch die Zusammenarbeit verfügen die drei Verwaltungen nun über einen wertvollen Pool an neuen Ideen und Unterlagen. Sie konnten durch das Projekt neue Erkenntnisse darüber gewinnen, wie sie Bürger:innen, insbesondere Jugendliche, besser erreichen. Nebst dem konnten die Jugendlichen durch ihre Teilnahme ihr Wissen und ihre Kompetenzen ausbauen, viele neue, positive Erfahrungen machen und den Service Public im Aargau aktiv mitgestalten.
Die nächste Durchführung des Programms startet im August 2022. Interessierte Verwaltungseinheiten und Jugendliche können sich unter www.innovation-champions.org anmelden.