Damit die staatlichen Institutionen nachhaltig gutes Personal für sich gewinnen können, ist es zentral, neue Generationen für ein Engagement im öffentlichen Dienst zu begeistern. Das staatslabor lud am Mittwoch, 23. Mai Spezialistinnen und Spezialisten aus dem Bereich Personalverwaltung des öffentlichen Dienstes sowie Vertreterinnen und Vertreter der neuen Generation von Regierungsangestellten ins Institut des Hautes Études en Administration Publique (IDHEAP) ein. Unser Ziel war es zu verstehen, ob Millennials die Arbeit in der Verwaltung anders angehen als die früheren Generationen und wie sich die Verwaltung unter dem Einfluss von neuem Personal und neuer Technologien verändert.
Sehen neue Verwaltungsangestellte ihre Karriere in einem anderen Licht als ihre Vorgängerinnen und Vorgänger? Dass sie auf jeden Fall andere Quellen für ihre Motivation finden, zeigt die Forschungsarbeit von Armand Brice Kouadio, Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter am IDHEAP, der sich mit dem Engagement öffentlicher Akteure beschäftigt. Er präsentierte seine Ergebnisse im Rahmen der staatslabor-Veranstaltung auf dem Campus der Universität Lausanne.
«Lange Zeit trat man eine erste Stelle in der Verwaltung an mit dem Gedanken, dort seine ganze Karriere zu durchlaufen. Dies ist jedoch immer seltener der Fall», führte Kouadio aus. Der Wissenschaftler wählte 2000 Millennials in der Schweizer Verwaltung aus - aufgeteilt in zwei Gruppen im Alter von 18 bis 29 respektive 30 bis 39 Jahren - und befragte sie zu den Gründen ihres Engagements. Die Möglichkeit zur selbstständigen Arbeit, das Team, mit dem zusammengearbeitet wird, die Qualität der Organisation sowie die Hierarchie bilden dabei «Karriereanker» - wesentliche Werte, die das Fundament für Entscheidungen bezüglich der Entwicklung eines Individuums während dessen beruflicher Laufbahn bilden.
Für Kouadio war erstens auffällig, dass sich die Resultate der beiden Millenial-Altersgruppen nicht klar unterschieden. Die Untersuchung brachte des Weiteren neue «Anker» hervor, so etwa die gesellschaftlichen oder sozialen Auswirkungen einer Tätigkeit, welche ihr einen Sinn verleihen, oder die Möglichkeit, sich Zeit für qualitativ hochwertige Arbeitsleistung nehmen zu können - von vielen Befragten als wesentlicher Unterschied zum Privatsektor erwähnt.
Die beiden Altersgruppen unterscheiden sich hingegen deutlich von den anderen Generationen dadurch, dass sie in ihrer Arbeit, ihrer Karriere und in ihrem Team mehr Wert auf persönliche Entwicklung legen. Für Kouadio sind diese Elemente insofern von Bedeutung, da sie «in die Toolbox der Personalverantwortlichen integriert» und bei der Karriereentwicklung oder der Rekrutierung eingesetzt werden können, beispielsweise «um Mitarbeiter zu gewinnen, welche die Werte und Ziele der Organisation teilen».
Die Ergebnisse wurden während der Podiumsdiskussion im Anschluss an die Präsentation bestätigt. Eine Vertreterin der Bundesverwaltung erwähnte, dass «die Verwaltung der beruflichen Entwicklung der jüngeren Generationen wenig Aufmerksamkeit schenkt, da sie sich vor allem darauf konzentriert, die aktuelle Arbeit bestmöglich zu erledigen». Sie wies ebenfalls darauf hin, dass Telearbeit, oft eine von jungen Menschen bevorzugte Option, in der Praxis schwierig umzusetzen und daher nur bedingt davon zu profitieren sei. Eine differenzierte Sichtweise lieferte ein weiterer Experte einer kantonalen Verwaltung, welcher ein Pilotprojekt zur Flexibilisierung der Arbeit realisiert hat. Eine der Massnahmen bestand darin, die systematische Zeiterfassung durch simples Stundenzählen zu ersetzen. Diese kleine Revolution sei auf grossen Anklang gestossen, ebenso wie andere parallele Massnahmen, die den Arbeitnehmerinnen und -nehmern mehr Freiheit geben.
Doch unterscheiden sich jüngere Generationen tatsächlich von den älteren? Ihre Zweifel in dieser Angelegenheit äusserte Françoise Waintrop, welche eingeladen wurde, um über ihre langjährige Erfahrung mit Staatsangestellten in Frankreich zu sprechen. Die Innovationsverantwortliche an der französischen Ecole Nationale d'Administration (ENA) war der Meinung, dass «das Alter eine geringe Rolle spielt». «Eine junger Mensch kann in seinem Kopf alt sein. Man muss wissen, wie man den vorgegebenen Rahmen entkommt», fügte die ehemalige «nudge»-Projektleiterin des Secrétariat général pour la modernisation de l'action publique (SGMAP) an. (Lesen Sie unser ausführliches Interview mit Françoise Waintrop hier.)
Die Herausforderung einer nachhaltigen Personalpolitik im öffentlichen Sektor nimmt in Frankreich eine etwas andere Form an. Françoise Waintrop brachte das Problem der Homogenität der ENA-Studenten zur Sprache, welche «durch das Concours-Examen ausgewählt wurden und damit die Konformität ihrer Vorgänger weitertragen». Die Einführung neuer Technologien nimmt wenig Einfluss auf diesen Trend: «Wir benützen digitale Hilfsmittel, aber sie vermögen nicht, die Mentalitäten zu verändern. Diese bleiben daher sehr traditionell, vor allem aus dem Grund, dass die sozialen Hintergründe der Studenten immer die gleichen sind», bedauerte sie. Sie unterstrich die guten Absichten des Borloo-Plans, eine Akademie von Führungskräften in den Banlieues zu schaffen, sie auszubilden und in die Verwaltung zu integrieren, was jedoch nicht wie erhofft funktioniert hat. Die Schweiz hingegen muss sich dieser Herausforderung deutlich weniger stellen, da die soziale Herkunft der Einsteigerinnen und Einsteiger weniger homogen und ihre Bildungshintergrund vielfältiger ist.