Beginnend am Digitaltag 2019, veröffentlichen wir unsere Fragenserie zu den Digital- und E-Government-Strategien in allen Kantonen der Schweiz. Jeden Tag präsentieren wir so den Fortschritt und die Chancen sowie Herausforderungen in einem Kanton. Heute: Zürich!
Unsere Interviewpartnerin: Beatrice Hasler-Dierauer, Verantwortliche für Kommunikation & Projektleiterin, Abteilung Digitale Verwaltung und E-Government, Staatskanzlei Kanton Zürich
1. Was war die Motivation hinter der kantonalen Digitalisierungsstrategie? Auf welche Bedürfnisse und Herausforderungen im Kanton und den Gemeinden antwortet die Strategie?
[Beatrice Hasler-Dierauer: ] Die "Strategie Digitale Verwaltung 2019-2023" wurde im April 2018 vom Regierungsrat des Kantons Zürich verabschiedet. Zusätzlich zur Strategie gibt es ein Impulsprogramm mit insgesamt 28 Vorhaben, die vorrangig und eng koordiniert angegangen werden. Digitalisierungsprojekte hat es bereits vorher gegeben. Mit der Strategie und dem Impulsprogramm will der Regierungsrat der Digitalisierung im Kanton einen Schub verleihen.
Die Strategie besteht aus folgenden sieben Zielen, die auf die Bedürfnisse im Kanton und den Gemeinden antworten: Vereinfachung und Ausbau des digitalen Leistungsangebotes; Verbesserung der Rahmenbedingungen für Akzeptanz, Zugänglichkeit und Anwendung von Online-Angeboten; Nutzung der Behördendaten als strategische Ressource; Förderung der digitalen Information, Kommunikation und Mitwirkung an der Verwaltungstätigkeit; Etablierung des Kulturwandels und Entwicklung digitaler Kompetenzen; Umsetzung des digitalen Arbeitsplatzes für Zusammenarbeit und Geschäftsabwicklung; Verbesserung der technischen Grundlagen für die Digitalisierung.
2. Welches waren die Inspirationsquellen für die Ausarbeitung? Andere Städte, Kantone, Länder? Die nationale Strategie?
[Beatrice Hasler-Dierauer: ] Anlass für die Erarbeitung der Strategie Digitale Verwaltung war der Ablauf der zweiten kantonalen E-Government-Strategie. Anstelle einer Erneuerung der E-Government-Strategie hat der Regierungsrat entschieden (RRB Nr. 1183/2016), die Strategieentwicklung in einen erweiterten Zusammenhang bezüglich Digitalisierung zu stellen und den Auftrag erteilt, eine gemeinsame Haltung zu den digitalen Herausforderungen zu entwickeln, Leitlinien festzulegen und eine Zielvorstellung bzw. Vision für die Digitalisierung der Verwaltung zu formulieren. Inspiriert wurde die Strategie auch aus Digitalisierungsbewegungen in der Privatwirtschaft sowie der Entwicklung bei Behörden im internationalen Umfeld (z.B. Estland, Grossbritannien). Daraus entstand dann die Strategie Digitale Verwaltung 2018-2023 und das Impulsprogramm. Diese soll eine umfassende, zielgerichtete und koordinierte Umsetzung der Digitalisierung in der Verwaltung sicherstellen sowie E-Government weiter vorantreiben.
3. Welche Akteure waren an der Erarbeitung der Strategie beteiligt?
[Beatrice Hasler-Dierauer: ] Die Strategie und das Impulsprogramm wurden im Rahmen eines direktionsübergreifenden Projektes unter Leitung der Staatskanzlei (Abteilung Digitale Verwaltung und E-Government) und unter Einbezug eines externen Partners erarbeitet. Die fachlichen Grundlagen wurden in einem Projektteam erarbeitet, das sich aus je einer von den Direktionen und der Staatskanzlei bezeichneten Fachperson zusammensetzte, ergänzt durch je eine Vertretung der Querschnittsbereiche Personal (Personalamt) und Informatik (KITT-Geschäftsstelle). Eine Steuerungsgruppe unter Vorsitz des Staatsschreibers bzw. der Staatsschreiberin war für die strategische Steuerung des Projektes verantwortlich. Der Regierungsrat hat sich in mehreren Sitzungen mit der Strategie beschäftigt und den Prozess eng begleitet.
4. Es gibt Kantone, die bei ihrer Strategie einen eher weiten Bezugsrahmen wählen, z.B. die Digitalisierung in der Gesellschaft. Andere beziehen die Strategie enger z.B. auf die IT der Verwaltung. Welchen Bezugsrahmen hat Ihre Strategie - und welche Gründe gibt es für den gewählten Bezugsrahmen?
[Beatrice Hasler-Dierauer: ] Die "Strategie Digitale Verwaltung 2019-2023" hat einen weiten Bezugsrahmen. Unter digitaler Verwaltung verstehen wir im Kanton Zürich das folgende (Auszug aus der Strategie): "Die digitale Verwaltung ist eine Verwaltung, die den digitalen Wandel aktiv und umfassend angeht und gestaltet. Im Sinne von «Digital Government» bedeutet "digitaler Wandel die Modernisierung der Verwaltung im Zuge der Digitalisierung von Gesellschaft und Wirtschaft, mit dem Ziel, die Anspruchsgruppen bei der Ausübung ihrer Rechte und Pflichten zu unterstützen und öffentlichen Mehrwert («public value») zu schaffen." Zeitgleich mit der Strategie Digitale Verwaltung hat der Regierungsrat auch die sogenannte IKT-Strategie und ein zugehöriges Programm mit insgesamt 12 Projekten verabschiedet.
5. Welches laufende Projekt in Ihrem Kanton ist Ihrer Meinung nach ein gutes Beispiel für die Stossrichtung der Strategie?
[Beatrice Hasler-Dierauer: ] Zu den Schlüsselprojekten des Impulsprogramms gehören namentlich der Relaunch des Internetauftritts (ZHweb2019), das Projekt eines digitalen Arbeitsplatzes, das Projekt einer Front-Office-Strategie und das Projekt der Business-Architektur. Eine Übersicht über alle Projekte des Impulsprogramms findet sich hier.
6. Welche Herausforderung gibt es ganz konkret in der Praxis, mit denen Sie und Ihre Einheit bei der Umsetzung der Strategie konfrontiert sind?
[Beatrice Hasler-Dierauer: ] Die Umsetzung der Strategie mit dem Impulsprogramm hat in den letzten Monaten so richtig Fahrt aufgenommen. Herausfordernd ist die Koordination und Abstimmung der insgesamt 28 Projekte, die Arbeit in den verschiedenen Gremien sowie die Bereitstellung von genügend ProjektleiterInnen-Ressourcen.
7. Wenn Sie das entscheiden könnten: Gibt es Formen und Gefässe für den Austausch mit anderen Kantonen oder Ländern, die Sie lancieren würden, um von den Erfahrungen der anderen besser profitieren zu können?
[Beatrice Hasler-Dierauer: ] Der Kanton Zürich beteiligt sich aktiv in den nationalen Gremien. Unser Leiter der Abteilung Digitale Verwaltung und E-Government, Dr. Peppino Giarritta, ist Vorsitzender des Planungsausschusses von E-Government Schweiz (operative Steuerung). Wir nehmen regelmässig an den Sitzungen der interkantonalen Fachgruppe E-Government teil und vernetzen uns auch sonst aktiv. Von den ProjektleiterInnen des Impulsprogramms wissen wir jedoch, dass es insbesondere auf Projektebene Bedürfnisse für einen kantonsübergreifenden Erfahrungsaustausch geben würde.
Wir bedanken uns für die Beantwortung unserer Fragen und wünschen weiterhin viel Erfolg bei den Digitalisierungsbemühungen im Kanton!