von Maximilian Reiterer und Dominik Mösching
Die COVID-19-Pandemie hat unser Leben auf den Kopf gestellt. Wir treffen plötzlich unsere Freunde und unsere Familie per Videocall. Aber auch unsere Arbeit hat sich verändert. Normale Sitzungen funktionieren per Video ähnlich wie sonst auch. Aber wie führt man einen ganztägigen Workshop online durch? Wie ersetzt man den persönlichen Kontakt, die Energie im Raum und die eigentlich unverzichtbaren Post-it-Zettel? Wir haben inzwischen mehrere Workshops per Video durchgeführt und dabei einiges gelernt.
1. Das Tool ist entscheidend
Jeder Workshop ist von der gewählten Videokonferenz-Lösung abhängig. Genauso wie es einen Unterschied macht, in welchem Raum ein Workshop stattfindet, macht es einen Unterschied, welche Software man verwendet. Je nachdem, ob man nun Microsoft Teams, Skype for Business, Jitsi, Whereby oder Zoom nutzt, hat man verschiedene Werkzeuge zur Hand. Für normale Meetings mögen die Unterschiede zwischen den Tools klein sein. Für Workshops spielt es hingegen eine grosse Rolle, welche Lösung man verwendet.
Unser aktuell präferiertes Werkzeug für Online-Workshops ist Zoom. Zoom bietet mit einigem Abstand die besten Voraussetzungen für die Gestaltung eines erfolgreichen Workshops. Während sich die Videokonferenz-Lösungen in vielen Aspekten ähneln besitzt Zoom zwei Alleinstellungsmerkmale: die Breakout-Funktion und die Galerieansicht.
Durch die Breakout-Funktion können Teilnehmende einfach in kleinere Gruppen aufgeteilt werden. Das ermöglicht eine interessantere Gestaltung eines Workshops und das unkomplizierte Arbeiten in Kleingruppen. Die Galerieansicht erlaubt es allen Teilnehmenden gleichzeitig bis zu 49 andere Personen zu sehen. Dies vermittelt einem ein ganz anderes Gefühl für die Stimmung der Gruppe und erlaubt Diskussionen im Plenum, welche einem Offline-Workshop sehr nahe kommen.
Doch warum Zoom, obwohl man über den Anbieter viel Negatives, insbesondere in Bezug auf Fragen der Privatsphäre, lesen konnte? Zum einen hat der Anbieter einige Probleme behoben. So ist inzwischen zum Beispiel die Warteraumfunktion, mit welcher man den Einlass in das Meeting kontrollieren kann, standardmässig eingeschaltet. Zum anderen gelten viele Kritikpunkte, welche gegen Zoom erhoben werden, leider auch für andere Videokonferenz-Lösungen.
Jeder Workshop ist von seinem Hosting-Programm abhängig. Je nachdem, welches Programm man nutzt, ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten.
Auch die Zugänglichkeit ist eine wichtige Frage. In einigen öffentlichen Verwaltungen ist der Einsatz von Zoom nicht erlaubt oder gar gesperrt. Darum testen wir, um Überraschungen und Probleme zu vermeiden, vor jedem Workshop ausgiebig, ob und wie das gewählte Videokonferenz-Programm aus dem jeweiligen Amt zugänglich ist. Die gute Nachrichten für viele Verwaltungen, in denen Zoom gesperrt ist: ein Zugang zu Zoom-Meetings ist auch per Skype for Business möglich.
2. Saubere Planung hinter den Kulissen ist noch wichtiger als sonst
Die Gestaltung der ersten digitalen Workshops hat deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet. Ein wesentlicher Treiber dafür ist, dass selbst für verhältnismässig kleine und einfache Workshops mindestens zwei Moderatoren bzw. “Gastgeber” nötig sind: jemand, der für die inhaltliche Moderation zuständig ist, sowie jemand, der sich um technische Belange kümmert.
Ein digitaler Workshop braucht ein detailliertes Drehbuch: Was passiert wann - vor den Kulissen, aber auch Backstage.
Ein einfaches “Drehbuch” hält dabei fest, wer von uns sich wann worum kümmert. Für die Koordination hinter den Kulissen haben wir einen für die Teilnehmer nicht sichtbaren “Regiekanal” auf Slack oder WhatsApp.
Wenn wir Arbeitsblätter verwenden, versenden wir diese vor dem Workshop per Email. So haben alle Teilnehmenden von Anfang an alle benötigten Materialien griffbereit. Auch verteilen wir im Vorfeld, besonders wenn wir eine Videokonferenz-Lösung verwenden, mit welcher nicht alle Teilnehmenden vertraut sind, eine ausführliche Anleitung.
Auch mit der besten Planung läuft immer mal wieder etwas nicht nach Plan. In der Nacht vor einem ganztägigen Workshop hatte Zoom, ohne dass wir es gemerkt hatten, ein umfangreiches Update durchgeführt. Plötzlich waren Schaltflächen für wichtige Funktionen verschwunden. Wir mussten den Workshop dann auf mehr oder minder elegante Art kurz unterbrechen, um nachzuschlagen, wo diese essentiellen Funktionen nun zu finden waren...
3. Abwechslung und Pausen sind unverzichtbar
Was in der physischen Welt stimmt, gilt online noch mehr: Workshops sind anstrengend. Am Bildschirm ermüdet man schneller als sonst und die Email-Inbox ist auch nur einen Klick entfernt. Deswegen versuchen wir Online-Workshops so kurzweilig und abwechslungsreich wie möglich zu gestalten.
Am Bildschirm ermüdet man schnell. Abwechslung und genügend Pausen sind unverzichtbar.
Dabei helfen der Wechsel vom Plenum in Kleingruppen, Screen-Sharing von verschiedenen Teilnehmenden während Präsentationen, analoge Abstimmungen mit Handzeichen und auch Musik zu Beginn und am Ende des Workshops. Als Faustregel legen wir auch nach spätestens einer Stunde immer eine kurze Pause ein.
Für Gruppenarbeiten verwenden wir virtuelle Flipcharts sowie Google Docs. Diese erlauben das gleichzeitige Bearbeiten eines Flipcharts (inkl. Post-its!) bzw. das gleichzeitige Schreiben in einem Dokument. Bei den virtuellen Flipcharts haben wir mit Miro und Mural gute Erfahrungen gemacht.
Mit etwas Planung und Vorbereitung lassen sich virtuelle und physische Elemente auch verbinden. So haben wir z.B. auch schon im Vorfeld ein Paket mit Workshop-Materialien inklusive Verpflegung an alle Teilnehmenden verschickt.
4. Apéro geht auch digital
Wer nach dem offiziellen Schlusswort die Videokonferenz abrupt beendet, verpasst eine Chance. Die besten Gespräche passieren ja oft nach dem offiziellen Ende einer Veranstaltung. Ganz abbilden lässt sich das online leider nicht.
Auch ein digitaler Workshop kann mit einem Apéro abgeschlossen werden.
Anstatt nach dem Ende des Programms die Sitzung sofort zu schliessen, bleiben wir deswegen jeweils noch ein paar Minuten im “Raum” und lassen den Workshop mit jenen Teilnehmenden, welche noch Lust haben etwas zu plaudern, ausklingen.
Wir sind Nadja Schnetzler ("word and deed"), Moderations- und Workshopexpertin, zum Dank verpflichtet. Einige der oben genannten Praktiken sind inspiriert von einer internen Moderations-Weiterbildung, welche wir mit Nadja durchgeführt haben.
Hier finden Sie noch unseren kurzen PDF-Guide zur Durchführung von virtuellen Meetings: Remote Meeting Guide